Nachdem Feldbusse in der Verfahrenstechnik Einzug gehalten haben, steht mit Funklösungen der nächste Entwicklungsschritt in der Feldkommunikation an. Sind proprietäre Lösungen schon seit einiger Zeit verfügbar, so lässt doch die breite Anwendung aufgrund des fehlenden Vertrauens in Funktechnologie sowie des fehlenden ganzheitlichen Ansatzes zunächst auf sich warten. Können Funktechnologien überhaupt flächendeckend eingesetzt werden und wenn ja, wann ist dies zu erwarten?
Zunächst muss festgestellt werden, dass für unmittelbar an der Prozesssteuerung beteiligte und sicherheitskritische Mess- und Steuerwerte das Kabel die erste Wahl der Signalübertragung darstellt. Eine kabelgebundene Lösung ist einer Funklösung für kritischen Applikationen immer vorzuziehen. Macht nun der Anlagenaufbau für die verbleibenden unkritischen Applikationen das Verlegen eines Kabels technisch unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar, kommt die Funktechnologie ins Spiel.
Speziell in kleineren Anlagen oder Logistikunternehmen, die Zwischenstoffe Lagern, ist keine Messtechnik und damit keine Rückmeldung über den Lagerstand gegeben. Auch sind verdrahtetet Lösungen wirtschaftlich unvertretbar, da zwischen dem Leitsystem und der eigentlichen Anlage Hindernisse bestehen. Die heute von Hand vorgenommen Füllstandsmessung kann leicht durch Funk ersetzt werden. Hier ist keine Echtzeitübertragung gefordert, und sollte kurzzeitig ein Füllstandswert aus verschiedenen Gründen nicht übertragen werden können, so bleibt die Anlage dennoch ungestört in Betrieb.
Auch in der Umweltüberwachung bieten sich neue Möglichkeiten. Ein Beispiel ist die Korrosionsmessung mittels CorrTran™ MV von Pepperl+Fuchs. Korrosionsmessung findet an dem für die Messung wichtigen Abschnitt des Behälters oder der Pipeline ab. Diese Stellen sind oftmals äußerst unzugänglich oder vom Leitsystem weit entfernt. Ein drahtloser CorrTran™ MV kann nun für die Messung optimal montiert werden, ohne einen großen Aufwand für Verdrahtung treiben zu müssen. Auch hier ist die Übertragungssicherheit für den Betrieb der Anlage unbedeutend, und – da Korrosion ein äußerst langsamer Prozess ist – ebenfalls nicht Echtzeit-kritisch.
Eine weitere neue Möglichkeit ist das Überwachen von manuell im Feld betätigten Bedienelementen, wie z. B. Kugelhähnen. Hier wird bisher der Zustand optisch bei Kontrollgängen durch einen Mitarbeiter festgestellt. Durch drahtlose Übertragung der Kugelhahnposition ist der Zustand jedoch zu jeder Zeit direkt in der Leitwarte sichtbar. Zyklische Kontrollgänge oder Bestätigung der korrekten Position vor Anlagenhochlauf werden überflüssig. Das spart nicht nur ein teure Lohnkosten, sondern die Anlage kann auch zügiger anfahren, sowie schneller und länger produzieren. Das gleiche gilt natürlich auch für alle anderen manuell überprüften Zustandsgrößen, wie Druck oder Temperatur.
Eine Funkübertragung kann auch für die Qualitätssicherung und Prozessoptimierung wichtige Prozessgrößen eingesetzt werden. Diese für die Prozesssteuerung meist weniger kritischen Größen werden oftmals nur temporär installiert und erfasst, wie etwa zur Fehlersuche oder in temporär installierten Anlagen, die zeitlich begrenzt ein selten benötigtes Zwischenprodukt herstellen und danach wieder umgebaut werden.
Drahtlose Technik verbessert in den genannten Beispielapplikationen die Information über den Anlagenzustand, Materialfluss und Prozessverlauf. Sie bildet die Basis zur Ablauf- und Prozessoptimierung, Asset Management, sowie Entscheidungen zur vorbeugenden Wartung. Drahtlose Technik erhöht die Wirtschaftlichkeit von Prozessanlagen.
Von verschiedenen Anbietern werden bereits seit einigen Jahren Produkte angeboten, um im Bedarfsfall eine drahtlose Verbindung herzustellen, aber diese Lösung muss oftmals erst aufwendig in die bestehende Anlagenstruktur eingebunden werden. Auch sind teilweise nur Verbindungen zwischen zwei Punkten möglich oder nur eine Kommunikationsrichtung. Auch die Kompatibilität zwischen Feldgeräten verschiedener Hersteller, die die heterogene Anlagenstruktur fordert, ist mit diesen Produkten nicht gegeben. Natürlich werden auch speziell auf die Applikation des Anwenders zugeschnittene Lösungen angeboten, diese sind jedoch relativ teuer. Anwender fordern berechtigterweise ein Funksystem, welches
Diesen Ansatz macht nun die HART Communication Foundation mit WirelessHART.
Wie gezeigt, ist WirelessHART also die Symbiose zwischen dem bekannten, vielfach genutzten und bewährten HART und der – zumindest für die Verfahrenstechnik – neuen Funktechnologie. Neben dem für HART bekannten Anwendung der Geräteparametrierung wurde HART schon immer genutzt für:
Die Anforderungen dieser Applikationen an Verfügbarkeit, Übertragungsstrecke und -geschwindigkeit decken sich hervorragend mit der mit Funktechnik erreichbarem Leistungsumfang. Daneben bietet das Konzept von WirelessHART eine nahtlose Integration in die vorhandene Infrastruktur bei gleichzeitiger Offenheit gegenüber neuen Strukturen.
Zurzeit wird an der Umsetzung dieser Konzepte gearbeitet. Zur Umsetzung plant Pepperl+Fuchs folgende Geräte:
Ein WirelessHART Gateway übernimmt das Management des drahtlosen Netzwerkes und bindet dieses an ein Leit- oder SCADA System über einen Feldbus an. Die Signale der Feldgeräte werden empfangen und über das entsprechende Busprotokoll in den Feldbus weitergereicht.
Ein WirelessHART Adapter bildet das andere Ende des Kommunikationspfades. Mit diesem Adapter können vorhanden Feldgeräte aufgerüstet werden. Hier sind drei verschiedene Versionen geplant:
Es gibt eine große Anzahl von Applikationen in der Verfahrenstechnik, die mit Funk realisiert werden können oder durch Funktechnik wirtschaftlich erst ermöglicht werden. WirelessHART bewirkt denn notwendigen Schritt von proprietären Lösungen zu einem übergreifenden Standard in der Prozesstechnik, der die Anwendung von Funktechnologie ohne Systembruch vollziehbar macht. WirelessHART wird neue Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung, Anlagen- und Prozessoptimierung, sowie Anlagenüberwachung eröffnen und leistet damit einen wertvollen Beitrag zum wirtschaftlichen Betrieb verfahrenstechnischer Anlagen.